BAIN?!

Fragen und Antworten zu Bibliotheks- und Archivinformatik

View the Project on GitHub KKBuhler/BAIN

25 September 2020

2: Funktion und Aufbau von Bibliothekssystemen

by K.K.Buhler

KOHA, MARC21 & DC

Die Funktion und der Aufbau von Bibliothekssystemen wird hier anhand der Open-Source-Software Koha beleuchtet. Nach Angaben zu Installation und Konfiguration des Produktes werden die bibliotheksspezifischen Metadatenstandards MARC21 und Dublin Core erläutert.

Was ist Koha?

Koha ist ein Open-Source-Bibliothekssystem, das 1999 in Neuseeland gegründet würde. Die Software basiert auf einer SQL-Datenbank-Abfragesprache, welche die eingetragenen Metadaten der Bibliotheksmedien in der Datenbank durchsuchbar machen. Es ist ein weltweites Projekt, an dem ein grosses Entwicklerteam arbeitet. Sehr viele Leute sind bestrebt, ihren Beitrag an der Software zu leisten. Der Status des Projektes lässt sich aus der Statistik bei Open Hub ablesen. Ein Blick auf die Statistik ist dienlich zur Bewertung eines Open-Source-Projektes. Der offene Source Code mit Versionierung zeigt, wie gesund das Projekt ist. Dass beispielsweise pro Monat ca. 20 Personen einen Beitrag leisten, ist beachtlich. Regelmässige Beiträge von verschiedenen Personen deuten auf ein gesundes Projekt hin. Weiter erhöht die Beteiligung von Unternehmen die Qualität von Koha.

Die Lizenz von Koha ermöglicht eine kommerzielle Nutzung, wobei aber alle Weiterentwicklungen wieder unter dieser Lizenz abgelegt werden müssen. Damit kann die Community ebenfalls an den neuen Errungenschaften teilhaben.

Wie wird Koha installiert?

Die Bibliothekssoftware Koha kann hier heruntergeladen werden. Für die Installation und sofortigen Gebrauch wird ein Linux-Server, Apache, MariaDB oder MySQL, Perl, Serverzugang empfohlen. Hier sehen wir nun, dass die im vorangegangenen technischen Grundlagen tatsächlich gelten. In der Folge müssen via Shell Befehle ausgeführt werden. Dazu kann diese offizielle Installationsanleitung beigezogen werden. Im Kurs wurde uns eine Schritt-für-Schritt-Anleitung bereitsgestellt. Meine Koha-Installation via Terminal blieb leider efolglos.

Aus Zeitmangel der Dozierenden während der Vorlesung und wegen meinem Fehlenden Know How zur Behebung von Fehlern habe ich mich kurzerhand entschieden, auf die Terminaleingaben zu verzichten. Mir ist denn der Umgang mit dem Terminal auch weniger wichtig, als ein Einblick in die Bibliothekssoftware. Im “richtigen Leben” würde ich für die Installation ohnehin eine IT-Techniker’in engagieren. Um die nächste Aufgabe trotzdem lösen zu können, melde ich mich bei der Koha-Demo-Version ein:

OPAC http://koha.adminkuhn.ch/
Staff Interface: http://koha.adminkuhn.ch:8080/ (Benutzername demo / Passwort demo)

Wie wird Koha konfiguriert?

Um Koha zu konfigurieren, lohnt es sich den Schritten im Tutorial von Stephan Tetzel zu folgen. Es werden auch hier Schritt für Schritt die Commands zur erfolgreichen Konfigurierung der Software aufgelistet. Weil ich mich durch die Anmeldung in der Demo-Version direkt in der visuellen Oberfläche von Koha wiederfand und diese intuitiv gut zu verstehen war, konnte ich die aufgetragenen Aufgaben ohne weiteres durch Navigation per Mausklick erledigen.

Koha Startseite

Abb.: Die Startseite zeigt die wichtigsten Funktionen auf einen Blick

Es gilt nun eine eigene Bibliothek einzurichten und Grundeinstellungen vorzunehmen, eine Buchaufnahme durchzuführen, Etiketten zu drucken und die Ausleihkonditionen zu definieren. Diese Aufgaben lassen sich in Koha ganz einfach über die Nutzeroberfläche konfigurieren.

Die Installation und Einrichtung der eigenen Bibliothek findet sich unter > Administration > Bibliotheken:

Meine Bibliothek Abb.: Erfolgreiches Hinzufügen einer Bibliothek (heute mein erster sichtbarer Erfolg. :))

Eine neue Benutzer’n wird unter > Benutzer neu hinzugefügt:

Benutzer Ausschnitt

Abb.: Einfaches Hinzufügen einer neuen Benutzer’in

Die Buchaufnahme erfolgt über > Katalogisieren. Hier steht die händische Aufnahme durch ausfüllen der Marc-Felder (Standard mit allen Feldern oder Schnellaufnahme mit reduzierter Feldschablone) oder die Aufnahme über eine Schnittstelle (Z39.50 oder SRU) zur Verfügung:

Katalogisierung

Abb.: Auswahl verschiedener Feldschablonen zur Katalogisierung diverser Medienarten

Weiter können Etiketten gedruckt werden unter > Werkzeuge > Katalog > Etikettendruck. Es können die Ausleihkonditionen unter > Administration > Benutzer und Ausleihe > Ausleihkonditionen bearbeitet werden.

Auch das bibliografische Framework kann editiert werden, d.h. es kann ein Export und/oder Import von Daten durchgeführt werden. Das beschriebene Vorgehen dazu im Tutorial von Stepfan Tetzel ist allerdings fehleranfällig. Über die User-Oberfläche von Koha ist der Import/Export einfacher. > Administration > MARC-Frameworks

Marc Frameworks

Abb.: Marc-Dateien können importiert und exportiert werden

Abschliessend kann festgestellt werden, dass Koha eine intuitiv bedienbare Bibliothekssoftware ist, mit welcher sämtliche Belange der Bibliotheksarbeit erledigt werden können. Mir persönlich erscheint die Visiualierung der Icons ziemlich 1990 und ein gestalterisches Uplifting würde der Software gut stehen.

Was ist MARC21?

MARC21 ist ein Metadatenstandard, der in Bibliotheken angewendet wird. 1999 führte der Congress of Library diesen Standard ein. Idee dabei ist, dass Daten zweckmässig ausgetauscht werden können und in verschiedenen Bibliothekssystemen funktionieren. Die Medien müssen nach bestimmten Regeln katalogisiert werden, entsprechend sollen die Metadaten strukturiert sein. In Koha wird das bei der Katalogisierung sehr schön ersichtlich.

Marc-Felder

Abb.: Ansicht aller zur Verfügung stehenden Marc-Feldern

Schnellaufnahme

Abb.: Die Schnellaufnahme reduziert die Anzahl Marc-Felder auf die wichtigsten Einträge

Hier Ausführungen zur Umsetzung von RDA bei der Katalogisierung mit dem Open-Source-Bibliothekssystem Koha in der Bachelorarbeit von Felix Hemme (Informationswissenschaft Potsdam, 2016).

Künftig wird MARC21 von BIBFRAME abgelöst, einem auf RDF basierenden Datenmodell, das international weit verbreitet ist. Siehe Beitrag 10 “Linked Data”. Bye Bye MARC21!

Was ist DC?

DC steht für Dublin Core, einem weiteren Metadatenstandard. Es ist ein bibliografisches Datenformat, eine standardisierte Konvention zur Beschreibung von Dokumenten und anderen Objekten im Internet. 1995 wurde an einer Konferenz der Dublin Core Metadata Initiative (DCMI) eine Grundmenge von beschreibenden Termen für die Kategorisierung festgelegt. Absicht dabei war, Ressourcen so zu beschreiben, dass sie von stichwortbasierten Suchmaschinen gefunden werden können.

Folgende 15 Kernfelder, engl. core elements, werden als „Dublin Core Metadata Element Set, Version 1.1 (ISO 15836)“ von DCMI empfohlen:

Dublin Core ist verglichen mit MARC21 und seinen unzähligen Feldern und Indikatoren ein schlanker und übersichtlicher Metadatenstandard - entsprechend aber auch weniger aussagekräftig.

Wie können Metadaten ausgetauscht werden?

Bei Datenbanken dienen Schnittstellen zum Austausch von Metadaten. Wenn früher jede Bibliothek ihre eigenen Bücher katalogisiert hat, so kann sie heute die Metadaten über die Schnittstelle von einer Art Metadaten-Depot importieren und eigene dorthin exportieren.

In Beitrag 7 “Schnittstellen nutzen und Metadaten austauschen” wird der Umgang mit Schnittstellen ausführlich beschrieben.

Bei Koha können Daten über verschiedene Schnittstellen ausgetauscht werden. Es stehen beispielsweise eine OAI-PMH- und eine SRU-Schnittstelle zur Verfügung:

OAI

Abb.: Mögliche Einstellungen der OAI-PMH-Schnittstelle in Koha

SRU, Search/Retrieve via URL, ist ein technischer Standard für Bibliotheken, der im Rahmen der Initiative Z39.50 International Next Generation (ZING) entstanden ist, um eine moderne Weiterentwicklung des Z39.50-Protokolls zu schaffen. Via SRU-Schnittstelle kann ein Metadatenstandard beispielsweise in SwissBib z.B. Marc21 oder DC ausgegeben werden.

Die Metadatenstandards unterscheiden sich im Aufbau und geben die ausgetauschten Daten entsprechend unterschiedlich aus:

So kann die Datenbereitstellung durch die Wahl eines Metadatenstandards unterschiedlich gewichtet werden.

Durch das Hinzufügen eines Servers kann auf die bibliografischen Metadaten der jeweiligen Datenbank zugegriffen werden. Hier in der Übung wird ein Z39.50-Server der GBV (Gemeinsamer Bibliotheksverbund Verbundzentrale) eingerichtet:

Server

Abb.: Hinzufügen eines Z39.50-Servers in Koha

Durch Bereitstellung und Nutzung von Schnittstellen kann auf Metadatensätze zugegriffen werden, wodurch ein Austausch von Metadaten und damit die Katalogisierung vereinfacht wird. Es muss nicht mehr jedes bibliografische Objekt Feld für Feld katalogisiert, sondern es kann der entsprechende Datensatz en bloc übernommen werden.

Weiter zu Beitrag 3 “Weitere Bibliothekssysteme”.

tags: